"Biokunststoff"


So formuliert ein unpräziser Begriff, den man sich genauer anschauen muß. "Biofolie" wird ja oft als Allheilmittel für alle Umweltprobleme gesehen.

Biobasierte Rohstoffe


❇ = abbaubar / ✴ = nicht abbaubar:

| biofolien | biologische-abbaubarkeit

Das Wörtchen BIO impliziert, dass ein sogenannter Biokunststoffe als nachhaltig und nicht umweltgefährdend angesehen wird.

Manch einer meint sogar Biokunststoffe könnte man problemlos in die Umwelt „entsorgen“. Sie bauen sich dort ja problemlos ab!?

Biopolymer = Biokunststoff ?


Mit dem Begriff POLYMER beschreibt der Chemiker, dass sich viele, viele MONOMERE zu einer langen Kette dem POLYMER verbinden.

Zur Begriffsabgrenzung kann man sich ja mal überlegen, wer denn die Monomere zum Polymer zusammengefügt hat?

War es die Natur oder der Mensch?

Echte Biopolymere


In der Natur wimmelt es nur so von Polymeren: Holz, Haut, die Haaren, in Getreide-Stärke, Algen, Pilze, dem Muskel, der DNA...unzähligeBeispiele.

Überall findet man Polymere die von Pflanzen und Organismen hergestellt werden.
HIER macht der Begriff BIO-Polymer Sinn.

Kunststoff / Plastik


Hat dagegen der Mensch mit Chemie und Technologie ein Polymer erzeugt, dann sollte man von Kunststoff/Plastik sprechen und die Vorsilbe BIO weglassen.

Denn diese Polymere sind rein künstlich hergestellt, kommen so in der Natur nicht vor.

Die Natur hat deshalb in Jahrmillionen auch keine Abbaumechanismen für diese Kunststoffe entwickelt.

Der Begriff "Biokunststoff" hat sich leider unpräzisse eingebürgert.
Oft sind damit Kunststoffe gemeint, die von der chemischen Industrie mit Rohstoffen die von der Natur erzeugt wurden, hergestellt werden.

BIOBASIERT ist dafür der richtige Begriff.

Biobasierter Kunststoff / Plastik


Polyethylen (PE) - einer der Massenkunststoffe - wird üblicherweise auf Erdölbasis hergestellt.

Man kann PE aber auch aus biobasierten Rohstoffen herstellen.

(Genau genommen ist auch Erdöl von der Natur hergestellt und somit biobasiert)

Biologisch abbaubar

Erdölbasiertes und biobasiertes Polyethylen ist chemisch absolut identisch und beide sind NICHT biologisch abbaubar.

PE ist ein von Menschen in die Welt gebrachtes künstliches Polymer, die Natur hat keine Abbaumechanismen dafür.

Biobasiert und biologisch-abbaubar darf man also erstmal nicht gleich setzen. Das kann der Fall sein, muss es aber nicht. Man muss es sich genau anschauen!

Rohstoff-Quellen

Bei "biobasiert" sollte man auch überlegen aus welcher Biomasse der Kunststoff den eigentlich hergestellt wurde? Greift man auf biologische Abfälle zurück, oder muß man erst etwas anbauen um daraus den Rohstoff zu gewinnen?

BIO-PE (GREEN-PE) kommt vorwiegend aus Brasilien. Dort wurde Regenwald abgeholzt, auf dem man Zuckerrohr angebaut hat, um daraus Ethanol zu gewinnen, aus dem dann letztendlich Polyethylen herstellt wird.

Auch der biobasierte Kunststoff Polymilchsäure (PLA) beruht auf der Ausgangsbasis Mais, Zuckerrohr, Zuckerrüben und Maniok, alles Nahrungsmittel.

Nahrungsmittelkonkurenz

Wenn man schon Wälder abholzt, sollte man die gewonnenen Anbauflächen, den nötigen Dünger und das Wasser nicht besser für die Nahrungsmittelproduktion einsetzen?

Das ist eine ganz grundlegende Frage, die man bei Nachhaltigkeitsüberlegungen durchdenken sollte.

Für die Papierherstellung als neuartigen Rohstoff Gras zu verwenden, das nicht von Kühen gefressen wird und auch sonst keiner braucht, das macht dann schon Sinn.

Biologisch abbaubare Kunststoffe


Biologisch abbaubar ist ein Kunststoff dann, wenn er durch Mikroorganismen in kleinere Moleküle zerlegt wird. Und diese Molküle müssen dann in natürlichen Stoffwechselprozessen verwertbar sein, als Energielieferant oder zum Strukturaubau.

Es gibt kein BIO-Polymer im Sinne der obigen Definition, dass die Natur nicht auch wieder aerob oder anaerob abbaut. Bei biobasierten KUNSTstoffen ist das nicht der Fall.

Aerobe Abbaubarkeit

Wird beim biologischen Abbau Luftsauerstoff benötigt, spricht man von aerober Abbaubarkeit.

Anaerobe Abbaubarkeit

Steht kein Luftsauerstoff zur Verfügung, kommen andere Mikroorganismen zum Zug, deren Stoffwechsel zum Abbau keinen Sauerstoff benötigt.

Kompostierbarkeit

Unter welchen genauen Bedingungen und innerhalb welcher Zeit findet die biologische Abbaubarkeit statt?

In der EU-Norm EN 13432 ist für die biologischen Abbaubarkeit eine aerobe Bioabbaubarkeit von 90 Massenprozent innerhalb von 6 Monaten definiert.

Die Zertifizierung nach DIN CERTCO gilt für die Bedingungen einer Industriekompostierungsanlage und bezieht sich auf eine eine aerobe Bioabbaubarkeit von 90 Masseprozent innerhalb von 12 Wochen bei 60 Grad Celsius.

Die ASTM D6400 und die ISO 17088 reihen sich auch noch ein.

Was passiert, wenn jemand einen zertifizierten Biokunststoff nicht in den Gartenkompost, sondern einen Fluß wirft? Ist der Biokunststoff dann auch noch abbaubar?

Oder er gelangt in eine Biogasanlagen, was sich ja auch nicht ganz ausschließen lässt. Dort herrschen anaearobe Bedingungen. Ein Kunststoff der aerob abbaubar zertifiziert ist, ist nicht zwangsläufig auch anaerob abbaubar.

Oxo-Abbaubarkeit

Der Begriff oxo-abbaubar klingt erst mal harmlos. Dahinter verbirgt sich aber das Konzept "der Mikroplastik im Schnellverfahren". Man mischt biologisch NICHT abbaubare Kunststoffe mit Zusatzstoffen, die bewirken, dass der Kunststoff schnell in kleine und kleinste Teilchen "zerbröselt". Getreu dem Motto "aus den Augen aus dem Sinn", Mikroplastik im Schnellverfahren.

Oxo-Bioabbaubarkeit

Hier ist der Ansatz weiter gedacht worden. Am Anfang steht auch die oxidative "Zerbröselung". Die vorverkleinerten Kunststoffteilchen werden dann aber weiter durch Mikroorganismen biologisch abgebaut. Die ASTM D6400-04 ist als Testmethode zu nennen. Es ist eine reine Labormethode die zum Vergleich verschiedener oxo-bioabbaubarer Kunststoffe dient. Sie untersucht auch die eventuelle Umweltgiftigkeit aller anfallender Abbauprodukte in der Abbaukette.

biobasiert, erdölbasiert, biologisch abbaubar - die Biofolie

Recycling und Kompostierung


Recyclingunternehmen drängen auf eine Standardisierung von Verpackungskunststoffen und betrachten die neuen exotischeren, biobasierten Kunststoffe als Störstoffe.
Aktuell sicherlich verständlich, da die Sortieranlagen auf "normale" Kunststoffe ausgelegt sind. Was aber nicht bedeutet, dass man sie nicht auf die Detektierung neuer Kunststoffe nachrüsten könnte. 2018 lag der Anteil der "exotischen" biobasierten Kunststoffe noch weit unter 1%, so dass noch kein Nachrüstbedarf besteht. Sie werden aussortiert und landen in der Verbrennung.

Auch kommerzielle Kompostierbetriebe wollen keine biologisch abbaubaren Kunststoffe in der Bio-Tonne haben, da sie sich unter industriellen Kompostierbedingungen dann doch nicht ausreichend abbauen.

Circular Economy und biobasierte Kunststoffe


Eine werkstoffliche Verwertung im Sinne der Circular Economy ist sicherlich die intelligenteste Lösung für Kunststoffe. Dafür braucht man aber chemisch resistente, stabile, nicht biologisch abbaubare Kunststoffe.

Papier - die Lösung?


Einen biologisch gut abbaubaren Werkstoff, der in großen Mengen nachhaltig verfügbar ist, kennen wir alle, der nennt sich Papier.

Bestrebungen die Barriereeigenschaften von Papier zu verbessern gibt es. Ohne die Barriere gegen Flüssigkeiten, Luftsauerstoff, Aromen ist ein Material als Verpackung oft nicht geeignet. Deshalb ist es ein lohnenswerter Ansatz Papier dahingehend zu verbessern.

Aber wie es immer ratsam ist, nicht aus dem Bauch entscheiden, sondern genau rechnen. Es gibt auch warnende Stimmen was den wachsenden Einsatz von Papier für Verpackungszwecke betrifft.

Ganzheitliche Betrachtungsweise


Für biobasierte Materialien spricht sicherlich die CO2-Bilanz, da der Kohlenstoff zum Pflanzenwachstum in Form von CO2 der Luft entnommen wurde und beim Abbau maximal nur diese Menge CO2 auch wieder in die Luft gelangen kann. Beim erdölbasierten Kunststoff kommt die CO2 Menge zusätzlich in die Luft.

Herstellungsprozesse sind mehr oder weniger energieaufwändig, verbrauchen mehr oder weniger Wasser und Dünger, selbst den Transport muss man sich anschauen, da schwere Materialien einfach mehr Energie beim Transport verbrauchen. Alles CO2 freisetzende Prozesse.

Der Carbon-Footprint und die Lebenszyklus-Analysen versuchen solche Zusammenhänge in Zahlen darzustellen. Ein nicht ganz einfaches, komplexes Thema. Aber man kommt nicht darum herum, um sinnvolle, entscheidungsrelevante Aussagen zu gewinnen.

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